In der Nähe des Steinbachs fügen sich drei große Gewächshäuser in die grün-blau-weiße Bergidylle. Darin und um sie herum wächst nicht nur Grünzeug, sondern auch viel Buntes: Gelbe Beete, schwarze Tomaten (auch genannt „Black Cherry“) und Bunter Mangold bilden neben Gurken, verschiedenen Salatsorten und Brokkoli nur eine kleine Auswahl der üppigen Gemüseernte.
Bunte Ernte
Sind sie reif, teilen Gartenbau-Ingenieur Sebastian Girmann und sein Team ihre samenechten Kostbarkeiten in inzwischen 250 Ernteanteile und fahren sie zu den Lieferstationen. Dort nehmen die Mitglieder der Genossenschaft der BioTop Oberland e.G. die vitaminreiche Kost in Empfang.
Die Idee dahinter: Verbraucher kaufen sich in die Genossenschaft ein und finanzieren mit ihren Beiträgen eine gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft. Dafür erhalten sie wöchentlich einen Teil der Ernte. Mitgelieferte, passende Rezepte geben Anregungen zur Weiterverarbeitung .
Vor ihrem Umzug nach Lenggries war die Genossenschaft Dauergast in zwei befreundeten Betrieben: Die Biogärtnereien Gemüse Holzmann in Letten und Evas Paradies-Garten in Waakirchen hatten das Start-Up-Unternehmen bei sich aufgenommen. „Für den Anfang war das super“, erzählt Sebastian Girmann. „Irgendwann waren wir soweit, dass wir etwas Eigenes wollten. Hier können wir wirklich langfristig wirtschaften und uns zum Beispiel systematisch und intensiv dem Bodenaufbau widmen.“
Glück auf! beim Bodenaufbau
Der Boden um Lenggries gilt in Fachkreisen als nicht ganz ideal für den Gemüseanbau. Vielerorts ist er relativ schwer, also lehmig und steinig. Der Acker der BioTopler scheint eine Ausnahme zu sein: Ohne Kunstdünger und Unkrautvernichtungsmittel gedeihen die Pflanzen prächtig.
„Der Boden hier ist wirklich ein Glücksfall“, bestätigt Sebastian Girmann. „Schon viele Jahre, bevor wir die Fläche pachten konnten, wurde hier biologisch gewirtschaftet. Der Boden hat einen hohen Humusgehalt und speichert das Wasser sehr gut. Dieser Standort hat mich wieder darin bestätigt, wie wichtig der Humusaufbau ist. Gerade bei den extremen Wetterlagen, die wir momentan haben.“
Nicht nur der Humusaufbau profitiert von der langfristigen Planung. Sie ermöglicht es den BioToplern auch, ihre Prinzipien noch konsequenter umzusetzen: „Hinter meiner Wirtschaftsweise steht immer auch der Permakultur-Gedanke“, stellt Sebastian Girmann klar. „Wir wollen die Zusammenhänge in unserem Ökosystem so gut verstehen, dass wir sie für den Gemüseanbau nutzen können. Das heißt zum Beispiel, dass wir systematisch Nützlingselemente integrieren, um sogenannte Schädlinge in Schach zu halten.“
Winterquartier für Marienkäfer & Co.
Nützlingselemente sind zum Beispiel Vogelhäuser oder Sitzmöglichkeiten für Greifvögel. Die sollen spätestens im Herbst aufgestellt werden. Über Blühstreifen können sich kleinere Nützlinge wie Wildbienen, Wespen und Marienkäfer jetzt schon freuen.
Nicht nur für die Artenvielfalt der Insekten dürfte der neue Standort ein deutliches Plus bedeuten. Es kommen noch einige neue Pflanzensorten dazu: „Hier können wir auch Beerensträucher und Obstbäume pflanzen“, freut sich Sebastian Girmann.
Für die Verarbeitung der Ernte steht den innovativen Gärtnern in Steinbach ein großes Wirtschaftsgebäude zur Verfügung. Dazu gehört auch ein geräumiger Lagerkeller. Was noch fehlt, ist der Mitgliederbereich: „Hier können wir unsere Mitglieder endlich auch zu uns in die Gärtnerei holen“, erzählt der Vorstand der Genossenschaft. „Momentan sind wir noch in der Ideenfindungsphase. Es waren schon einige sehr vielversprechende Vorschläge dabei. Ich bin gespannt.“
Finanzierung aus eigener Kraft
All das hat natürlich seinen Preis, denn ein eigener Standort bedeutet auch, dass eigenes Werkzeug und eigene Maschinen angeschafft werden müssen. Auch die Kosten für die Gewächshäuser musste die Genossenschaft selbst stemmen. Es hat geklappt: Mit der Hilfe ihrer Mitglieder (250 Haushalte mit Ernteanteil und 70 Fördermitglieder) konnte die BioTop Oberland eG ihren Umzug komplett selbst finanzieren, ganz ohne Kredite oder staatliche Förderungen.
Dementsprechend positiv fällt Sebastian Girmanns Bilanz für die ersten Monate aus: „Wünschen würde ich mir etwas weniger Arbeit und keinen Hagel mehr. Aber die Mitgliederzahlen sind super, unsere Mitglieder stehen noch dazu voll hinter uns, und wir sind wirklich super-happy.“
Insgesamt, schätzt er, könnte die BioTop Oberland eG samenechtes Obst und Gemüse für bis zu 400 Haushalte liefern. Wer sich einen Ernteanteil sichern möchte, dem steht also nichts im Weg.
So funktioniert`s
Die BioTop Oberland eG ist eine gemeinschaftsgetragene Gärtnerei. Das Prinzip ist denkbar einfach: Verbraucher kaufen sich in eine Genossenschaft ein und finanzieren mit ihren Beiträgen eine gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft. Dafür bekommen sie keine feste Warenmenge, sondern einen bestimmten Teil der Ernte. Verbraucher und Erzeuger teilen sich somit das Anbaurisiko. Dafür ist kein Händler zwischengeschaltet, was Geld spart und von Marktnormen unabhängig macht.
Mitglieder erhalten 50 Ernteanteile pro Jahr, also bis auf die Zeit um Weihnachten und Neujahr jede Woche eine Lieferung. Ihren Anteil können sie in einer von zehn Lieferstationen in Bad Tölz, Lenggries, Reichersbeuern, Letten und Tutzing abholen.
Das kostet die Mitgliedschaft
Wer Mitglied werden möchte, darf zunächst sechs Wochen testen. Danach erwirbt man einmalig für 150 Euro einen Genossenschaftsanteil. Die monatlichen Beiträge richten sich nach der Größe des Ernteanteils:
- 68 Euro (normaler Ernteanteil, in der Regel ausreichend für zwei Personen)
- 46 Euro (kleiner Ernteanteil)
- 105 Euro (großer Ernteanteil)
Mehr Infos unter: https://biotop-oberland.de/